14.6.25
Sa,
19:30

Writing Sports Night
Ball comin' at cha

Lesung
Poesiefestival Berlin 2025
Akademie der Künste
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Seit jeher komplex und vielfältig: Die Verbindungen zwischen Sport in all seinen Ausprägungen einerseits und Hoch- und Populärkultur andererseits. Zweieinhalb Jahrtausende liegen zwischen den Olympischen Oden des antiken griechischen Dichters Pindar, der in seinen Gedichtendiejenigen pries, die aus panhellenischen Spielen als Sieger hervorgingen, all die Renner, Ringer, Faustkämpfer und Wagenlenker, und Bob Dylans Song über den zu Unrecht verurteilten Boxer Rubin "Hurricane“ Carter. In dieser Zeitspanne wurde die dorische Harfe durch eine 12-saitige Danelectro Bellzouki-Gitarre ersetzt und aus dem glorreichen Athleten, der vermeintlich im ständigen Austausch mit den Göttern stand, wurde ein gebrochener Held, der systemischem Rassismus erfährt.

Insbesondere das 20. und 21. Jahrhundert entdeckten den Sport als Thema mit all seinen privaten und gesellschaftspolitischen Implikationen. Vor allem das Kino brachte kanonische Meisterwerke hervor, in deren Zentrum Sportlerschicksale standen: Unvergessen sind die Begegnungen von "Fast Eddie" Felson mit "Minnesota Fats" an den Billardtischen von Iowa (Haie der Großstadt 1961), der gescheiterte Boxer und Hafenarbeiter Terry Malloy (Die Faust im Nacken 1954) auf seinem unaufhaltsamen Abstieg von einem Taubenschlag über den Dächern von Hoboken nach Palookaville oder der außer Form geratene Weltmeister im Mittelgewicht Jake LaMotta (Wie ein wilder Stier 1980), der vor einem Spiegel in der Garderobe eines Nachtclubs zum Klang einer Kesselpauke zu tänzeln beginnt.

Auch bei privaten Streaming-Anbietern steht der Sport immer wieder im Zentrum: angefangen bei der erfolgreichen Miniserie Das Damengambit über das fiktive Schachgenie Elizabeth „Beth“ Harmon bis hin zu der 10-teiligen Dokumentation The Last Dance, die den Siegeszug der Chicago Bulls unter der Ägide von Michael Jordan auf ihrem Weg zum sechsten NBA-Titel innerhalb von acht Jahren nachzeichnet und die an emotionaler Wucht den Königsdramen von Shakespeare in nichts nachsteht.

Selbstverständlich besitzt auch die jüngere Literatur eine große Tradition im Umgang mit Sport. Die Namen einiger Schriftsteller:innen sind fast untrennbar verbunden mit bestimmten Sportarten: Etwa John Updike mit Golf oder Marianne Moore – einer glühenden Anhängerin der Brooklyn Dodgers – mit Baseball. In ihrem Gedicht Baseball and Writing heißt es: "Writing is exciting / and baseball is like writing. / You can never tell with either / how it will go / or what you will do."

Der Sport lädt immer wieder zu solchen und ähnlich gelagerten Vergleichen ein, unter anderem deshalb, weil er, wie die Metrik in der Dichtung, Regeln vorgibt, die zu befolgen sind. Robert Frost etwa setzte polemisch das Schreiben freier Verse dem Spielen von Tennis ohne Netz gleich. Die Dichterin Natalie Diaz, die lange professionell Basketball spielte, schreibt: "The intense physicality of both basketball and poetry has at times made me ecstatic." Bei ihr gewinnt der Sport manchmal sogar eine spirituelle Dimension ("We grew up knowing that there is no difference between a basketball court and church") und weist einen Zug ins Existentielle auf: "On the court is the one place we will never be hungry—that net is an emptiness we can fill up all day long" (aus dem Gedicht: “Top Ten Reasons Why Indians Are Good At Basketball").

Bei einigen Schriftsteller:innen ist die Neigung zum Sport nur wenig bekannt und widerspricht zuweilen der Klischeevorstellung, die sich die literarische Gemeinde von ihnen gemacht hat. Samuel Beckett zum Beispiel spielte Cricket auf First-Class-Niveau und wurde sogar, als einziger Gewinner des Nobelpreises, in den Wisden Cricketers' Almanack, die sogenannte "Bibel" des Cricket, aufgenommen. Und Walt Whitman erwärmte sich, wie später Marianne Moore, für Baseball ("base-ball is our game: the American game") und für Sport allgemein: "We want to go out and howl, swear, run, jump, wrestle, even fight, if only by so doing we may improve the guts of the people."

Bertolt Brechts Liebe zum Sport (insbesondere dem Boxsport) war die eines Nichtpraktizierenden, anlässlich des Sechstagerennens im Jahre 1928 bekannte er: „Ich bin für den Sport, weil und solange er riskant (ungesund), unkultiviert (also nicht gesellschaftsfähig) und Selbstzweck ist."

Sport als Gegenstand ist unter anderem deshalb von so großem Interesse für Literatur und Dichtung, weil er ihre eigenen Fachsprachen hervorbringt und wie nebenbei zahlreiche Themen in sich vereinigt:

Zugehörigkeit, Klassismus, Rassismus, Geschlechtergerechtigkeit und die trügerischen Verheißungen der Körperoptimierung (bis hin zu unerlaubten Manipulationen wie Doping mit Tierblutderivaten). Wiederholt wird Sport außerdem als Werkzeug der Propaganda in den Dienst totalitärer Regime gestellt, Leni Riefenstahls faschistisches Machwerk Olympia ist hier nur das berühmteste Beispiel.

An diesem Tag werden alle Facetten des Sports beleuchtet – in zahlreichen Poesiegesprächen und in einer großen gemeinsamen Abschlusslesung mit neun Dichter:innen, die sich auf je unterschiedliche Weise dem Thema widmen. Es geht dabei aber nicht allein nur ums Boxen, Base- und Basketball, ums Bergsteigen, Cricket, Fußball, Skiweitsprung und Tennis, es geht um unsere gegenwärtige Welt, die sich mit all ihren Widersprüchen in diesen anderen, „sportlichen“ Welten offenbart.

Die Veranstaltungssprache ist Englisch, die deutschen Übersetzungen der Gedichte werden projiziert.
Gefördert durch: NORLA Norwegian Literature Abroad, Rumänisches Kulturinstitut, Sportmuseum Berlin.
Die Veranstaltung findet in der Akademie der Künste im Kleinen Parkett statt.

Wer ein Kombi-Ticket für den Nachmittag erworben hat, kann hier ein vergünstigtes Ticket für die Abendveranstaltung kaufen: Kombi-Ticket