Sa,
16:00
Writing Sports Day
Poesiegespräch mit Helen Mort & Endre Ruset
Die englische Dichterin Helen Mort (1985 in Sheffield) debütierte mit dem Band Division Street (Chatto & Windus 2013), der auf ein enthusiastisches Echo stieß. Helen Mort gehöre zu den hellsten Sternen in der funkelnden neuen Konstellation junger britischer Dichter:innen, schrieb Carol Ann Duffy nach Erscheinen des Buches. Die Gedichte erzählen von einer Jugend im rauen South Yorkshire und von den Bergarbeiterstreiks unter der verhassten Regierung Margaret Thatchers. Mit ihrem zweiten Band, der drei Jahre später erschien, No Map Could Show Them (Chatto & Windus 2016), beschritt Helen Mort radikal andere Wege. Sie widmet sich darin dem Thema Bergsteigen aus einer dezidiert feministischen Perspektive. Sie selbst begann in ihrer Kindheit unter dem Einfluss ihres Vaters in der Umgebung des Peak Districts und der Yorkshire Dales zu klettern. Die Sammlung lässt sich als eine Art Hommage lesen an Pionierinnen des Alpinismus, Z.B. an Jemima Morrell, eine viktorianische Reiseschriftstellerin, die 1863 die Schweizer Alpen durchwanderte, oder an Alison Hargreaves, eine berühmte schottische Bergsteigerin, die 1995 während eines Sturms beim Abstieg vom K2 ums Leben kam. In einem Interview sagt Helden Mort „Ich begann, über weibliche Kletterer zu schreiben, nachdem ich ein brillantes Buch namens Mountaineering Women von David Mazel entdeckt hatte, und begann darüber nachzudenken, wie viele der frühen heroischen Bergsteiger-Geschichten, die ich las, von Männern stammten. Ein anderer wichtiger Einfluss ist das Buch Climbers von John M. Harrison über das Sportklettern in Nordengland, schon jetzt, zwölf Jahre nach dessen Erscheinen, ein moderner Klassiker. Mort sieht eine natürliche Verbindung zwischen dem Schreiben von Gedichten und dem Bergsteigen, beide würden in verwandter Weise „Anleitungen für den Körper oder eben die Stimme“ liefern. Auch in ihrem Roman Black Car Burning (Vintag 2020) und dem Memoir A Line Above The Sky (Ebury Press 2023) schreibt Mort über das Klettern.
Der norwegische Dichter Endre Ruset (geboren 1981 in Molde) traf vor einigen Jahren auf einem Poesiefestival einen japanischen Haiku-Dichter. Diese Begegnung führte ihn zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dieser populären Gedichtform, die vor ungefähr sieben Jahrhunderten aus der Tanka-Dichtung hervorging. Ruset begann selbst Haikus zu schreiben und wählte einen ungewöhnlichen Gegenstand: den japanischen Skispringer Noriaki Kasai. Diese Wahl hängt zusammen mit einer Obsession des Dichters für diese spezielle Wintersportart, eine Obsession übrigens, die er mit dem Regisseur Werner Herzog und der Schriftstellerin Martina Hefter teilt und die weit in seine Kindheit zurückreicht, da er neben einer Sprungchanze aufwuchs und diesen Sport auch selbst in seiner Jugend ausübte. Mehr als 1500 Haikus entstanden im Laufe der Jahre. Das Buch Noriaki (Flamme publishing), das nur einen Bruchteil der Gedichte enthält, erschien 2017. Eine englische Ausgabe wurde sieben Jahre später bei Broken Sleep Books veröffentlicht, in der Übersetzung des Dichters Harry Man. Ruset beschreibt seine Noriaki-Gedichte als „written images“, die gleichsam als Gelegenheitsgedichte in kurzen Pausen im Tagesablauf entstanden. Der Zusammenhang zwischen Skispringen und Haiku fasst der norwegische Schriftsteller Jo Nesbø pointiert im Vorwort des Buches zusammen: „Ein anständiger Sprung kann etwa acht Sekunden dauern. Der Skispringer muss sich in diesen Sekunden ausdrücken. Das ist hohe Kunst.“ Ruset folgt Noriaki von der Startluke über die Anlaufspur bis hin zum Schanzentisch und von da aus überall hin: in Spiegelkabinette und Träume von Tapetenvögeln, zum Masu-Lachs-Fischen und, auf den Spuren eines Rotfuchses, bis ans Ende der Welt.
Spring!
Noriaki
Spring!
Kombi-Ticket für den Nachmittag: Kombi-Ticket
Das Poesiegespräch findet auf Englisch und im Clubraum der Berliner Akademie der Künste statt.
Gefördert durch: Sportmuseum Berlin.
- Helen Mort • Endre Ruset
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Ort:
Akademie der Künste
Hanseatenweg 10, 10557 Berlin
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Eintritt:
7/5 €
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